Einbürgerung
Wir haben in über zwanzig Jahren zahlreiche Einbürgerungsfälle erfolgreich betreut. Einbürgerungen werden in Zukunft leichter sein. Allerdings ist auch im Blick auf die Vielzahl der Fälle mit längeren Bearbeitungszeiten zu rechnen, was eine frühzeitige Antragstellung geboten erscheinen lässt. Wir gehen hier auf einige wichtige Punkte ein, die in der alltäglichen Praxis immer wieder auftauchen. Festzustellen ist, dass die Voraussetzungen solcher Einbürgerungen in den Details oft von Behördeneinschätzungen abhängig sind, die durchaus beeinflussbar sind.
Anspruch – Ermessen
Der Anspruch auf Einbürgerung ist im § 10 Absatz 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) geregelt. Die Ermessenseinbürgerung nach § 8 des Staatsangehörigkeitsgesetzes bietet dagegen für diverse Personengruppen die Möglichkeit zur Einbürgerung in den deutschen Staatsverband, die die Voraussetzungen des § 10 StAG nicht erfüllen. Wer asylberechtigt, ausländischer Flüchtling oder staatenlos ist, kann bereits nach einem rechtmäßigen Inlandsaufenthalt von sechs Jahren eingebürgert werden.
Besonderes öffentliches Interesse
Einbürgerungserleichterungen kommen zudem in Betracht, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Einbürgerung besteht. In diesen Fällen ist eine erhebliche Verkürzung der vorgesehenen Aufenthaltsdauer möglich, die indes drei Jahre nicht unterschreiten soll. Ein solches Interesse an der Einbürgerung kann vorliegen, wenn der Einbürgerungsbewerber durch die Einbürgerung für eine Tätigkeit im deutschen Interesse, insbesondere im Bereich der Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Medien, des Sports oder des öffentlichen Dienstes gewonnen oder erhalten werden soll. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass dieser Personenkreis relativ klein ist und das Interesse nicht bereits bei einer Tätigkeit vorliegt, die in diesen Bereichen stattfindet.
Ein besonderes öffentliches Interesse kann weiterhin vorliegen bei Angehörigen international tätiger, auch ausländischer Unternehmen und Institutionen oder bei anderen Personen, die aus beruflichen oder geschäftlichen Gründen ihren Aufenthalt vorübergehend ins Ausland verlegen oder häufig dorthin reisen müssen.
Unterhalt
Aus dem Einkommen müssen Dinge des alltäglichen Gebrauchs, Lebensmittel, Kleidung und eine Wohnung finanzierbar sein. Zum Einkommen zählt insbesondere der Lohn aus Berufstätigkeit oder das Einkommen aus Selbständigkeit, aber auch der Unterhalt, den man erzählt. Es dürfen andererseits keine Leistungen des Jobcenters oder des Sozialamts bezogen werden. Wer allerdings arbeitslos ist, weil aus betrieblichen Gründen gekündigt wurde oder Kinder betreuen muss, kann gleichwohl einen Anspruch auf eine Einbürgerung haben. Zweifel daran, dass der Einbürgerungsbewerber die fehlende Unterhaltssicherung nicht zu vertreten hat, gehen zu seinen Lasten. Sozialleistungen wie Kindergeld, Rente, Arbeitslosengeld I, BAföG beeinträchtigen den Anspruch auf Einbürgerung nicht. Eine genaue Einkommenshöhe wird vom Gesetz nicht vorgegeben. Die Feststellung, ob der Einbürgerungsbewerber den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen bestreiten kann, erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den tatsächlich zur Verfügung stehenden Mitteln. Das führt also zu konkreten Fallbetrachtungen aufgrund der Lebenshaltungskosten einer Familie. Der Lebensunterhalt gilt dann als gesichert, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel den Bedarf übersteigen. Der Lebensunterhalt des Einbürgerungsbewerbers und seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen muss ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreitbar sein. Bei der Beurteilung, ob der Lebensunterhalt in Zukunft durch eine eigene Erwerbstätigkeit gesichert ist, ist an die bisherige Aufenthalts-, Ausbildungs- und Erwerbsbiografie des Einbürgerungsbewerbers anzuknüpfen und unter Berücksichtigung seiner aktuellen Lebens-, Wohn- und Beschäftigungssituation abzuschätzen, ob er in wirtschaftlich so stabilen Verhältnissen lebt, dass er voraussichtlich weder kurz- noch mittelfristig zum Kreis der nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs Leistungsberechtigten zählen wird.
Alterssicherung – Rente – Selbstständige – Unternehmer
Bei erwerbsfähigen Einbürgerungsbewerbern gehört eine Altersvorsorge zum Lebensunterhalt dazu. Der Aufbau einer Altersvorsorge ist wesentlicher Bestandteil des sozialen Sicherungssystems in Deutschland und die Teilnahme hieran Ausdruck der wirtschaftlichen Integration.
Selbstständige müssen einen Kranken-und Pflegeversicherungsnachweis, einen Nachweis zur Alterssicherung, eine Gewerbeanmeldung, einen aktuellen Einkommenssteuerbescheid sowie eine formlose Bescheinigung Steuerberaters in die Netto-Einkünfte der letzten sechs Monate vorlegen.
Rentenversicherungsnachweise der gesetzlichen Rentenversicherung werden von den Behörden häufig für mindestens 60 Rentenversicherungsmonate (bei politisch Verfolgten über 45 Monate) verlangt. Bei deutsch-verheirateten Antragstellern müssen es mindestens 36 Rentenversicherungsmonate sein. Oder aber es besteht eine private Lebensversicherung mit mindestens EUR 51.000 Versicherungssumme. Sollten anrechenbare Zeiten (etwa Kindererziehungszeiten, Schulbesuch) dem Rentenversicherungsträger noch nicht mitgeteilt worden sein, ist es ratsam, einen Antrag auf Kontenklärung zu stellen.
Strafrechtliche Aspekte – Ermittlungsverfahren
Bei der Einbürgerung bleiben außer Betracht: die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz, weiterhin
Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen und Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist. Die Vorschrift des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG, nach der bei der Einbürgerung grundsätzlich einbürgerungshinderliche Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten außer Betracht bleiben, die zur Bewährung ausgesetzt und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist, ist auch dann anwendbar, wenn eine Freiheitsstrafe von genau drei Monaten verhängt wurde.
Verurteilungen, die aus dem Bundeszentralregister getilgt oder zu tilgen sind, werden nicht berücksichtigt. Ein Verwertungsverbot bestimmt § 51 Abs. 1 BZRG erst ab Tilgung bzw. Tilgungsreife. Da nach § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG auch Verurteilungen, die unterhalb der Bagatellgrenzen des § 12a Abs. 1 Satz 1 StAG bleiben, zu einer Verlängerung der Tilgungsfrist von vorangegangenen Verurteilungen, die die Bagatellgrenzen des § 12a Abs. 1 Satz 1 StAG überschreiten, führen, bleiben letztere bis zum Eintritt der Tilgung bzw. Tilgungsreife ein Einbürgerungshindernis.
Auch im Ausland geführte Straf- und Ermittlungsverfahren verpflichten zur Aussetzung der Entscheidung über den Einbürgerungsantrag nach § 12a Abs. 3 Satz 1 StAG. Nimmt die Einbürgerungsbehörde die Einbürgerung wegen Verschweigens eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zurück, ist für die Ermessensausübung nach § 35 Abs. 1 StAG unerheblich, ob der Einbürgerungsbewerber die Straftat tatsächlich begangen und über sie ein Geständnis abgelegt hat
Identitätsnachweis
Die Voraussetzungen für die Klärung der Identität müssen dabei so ausgestaltet sein, dass es bis zur Grenze der objektiven Möglichkeit und subjektiven Zumutbarkeit mitwirkenden Einbürgerungsbewerbern auch dann möglich bleibt, ihre Identität nachzuweisen, wenn sie sich in einer Beweisnot befinden, etwa weil deren Herkunftsländer nicht über ein funktionierendes Personenstandswesen verfügen oder ihre Mitwirkung aus Gründen versagen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder weil diese als schutzberechtigte Flüchtlinge besorgen müssen, dass eine auch nur gleichsam technische Kontaktaufnahme mit Behörden des Herkunftslandes Repressalien für Dritte zur Folge hätte. Das Merkmal der Identitätsklärung dient dabei wichtigen sicherheitsrechtlichen Belangen der Bundesrepublik Deutschland und ist zudem Ausgangspunkt für die Prüfung weiterer Einbürgerungsmerkmale.
Die dem § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG und dem § 8 Abs. 1 StAG zugrunde liegenden sicherheitsrechtlichen Belange der Bundesrepublik Deutschland und das grundrechtlich geschützte Recht des Einbürgerungsbewerbers, eine Klärung seiner Identität bewirken zu können, sind im Rahmen einer gestuften Prüfung einem angemessenen Ausgleich zuzuführen. Den Nachweis seiner Identität hat der Einbürgerungsbewerber primär und in der Regel durch Vorlage eines Passes, hilfsweise auch durch einen anerkannten Passersatz oder ein anderes amtliches Identitätsdokument mit Lichtbild zu führen. Ist er nicht im Besitz eines solchen amtlichen Identitätsdokuments und ist ihm dessen Erlangung objektiv nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar, so kann er seine Identität auch mittels anderer geeigneter amtlicher Urkunden nachweisen, bei deren Ausstellung Gegenstand der Überprüfung auch die Richtigkeit der Verbindung von Person und Name ist, sei es, dass diese mit einem Lichtbild versehen sind (z.B. Führerschein, Dienstausweis oder Wehrpass), sei es, dass sie ohne ein solches ausgestellt werden (z.B. Geburtsurkunden, Melde-, Tauf- oder Schulbescheinigungen). Dokumenten mit biometrischen Merkmalen kommt insoweit ein höherer Beweiswert zu als solchen ohne diese Merkmale. Ist der Einbürgerungsbewerber auch nicht im Besitz solcher sonstigen amtlichen Dokumente und ist ihm deren Erlangung objektiv nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar, so kann sich der Ausländer zum Nachweis seiner Identität sonstiger zugelassener Beweismittel bedienen. Hierzu zählen insbesondere nichtamtliche Urkunden oder Dokumente, die geeignet sind, die Angaben zu seiner Person zu belegen, gegebenenfalls auch Zeugenaussagen. Ist dem Einbürgerungsbewerber auch ein Rückgriff auf sonstige Beweismittel objektiv nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar, so kann die Identität des Einbürgerungsbewerbers ausnahmsweise allein auf der Grundlage seines Vorbringens als nachgewiesen anzusehen sein, sofern die Angaben zur Person auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles und des gesamten Vorbringens des Einbürgerungsbewerbers zur Überzeugung der Einbürgerungsbehörde feststehen.
Unterlagen
Grundsätzlich sind folgende Unterlagen bei einer Einbürgerung erforderlich:
- Antrag (Formular bei den Behörden, zumeist auch online)
- aktuelle Meldebescheinigung, die nicht älter als sechs Monate sein darf
- Nationalpass des Heimatlandes oder eines Personalausweises bei EU-Bürgern
- gültiger Aufenthaltstitel bei Drittstaatsangehörigen
- ggf. Reiseausweis für Flüchtlinge
- Übersetzung der Geburtsurkunde durch einen in Deutschland vereidigten Übersetzer
- Geburtsurkunde
- Übersetzung der Heiratsurkunde durch einen in Deutschland vereidigten Übersetzer
- Heiratsurkunde
- Scheidungsurkunde inkl. Übersetzung
- Arbeitsvertrag
- letzten 3 Gehaltsabrechnungen bzw. BAföG-Bescheid oder Sozialleistungsbescheid
- Rentenversicherungsverlauf
- Mietvertrag oder Grundbuchauszug
- Nachweis deutsche Sprachkenntnisse (B1-Sprachzertifikat oder höher bzw. deutschen Schul-, Ausbildungs- oder Hochschulabschluss)
- Nachweis Kenntnisse deutsche Rechtsordnung (Einbürgerungstest bzw. „Leben in Deutschland“) – Ausnahme: deutscher Schulabschluss oder erfolgreich abgeschlossenen Studium der Rechts-, Sozial- oder Politikwissenschaften
- ggf. Studien- oder Schulbescheinigung
- ggf. Nachweis über Unterhaltszahlungen
- ggf. ärztliches Gutachten über die Arbeitsfähigkeit
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