Prozessstrategie und -taktik

Es gibt zahllose Bücher über Strategien und Taktiken im Prozess, was vielleicht sogar verwundert, wenn es doch nur um die reine Wahrheit und das nicht minder reine Recht geht. Für Nichtjuristen sind die Verhaltensweisen von Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten oft nicht so gut durchschaubar. Wie jedes professionelle Wissen kann das auch nicht so ohne weiteres vermittelt werden, was manche Mandanten weniger gut nachvollziehen können. Der Mandant ist dem System gleichwohl nicht ausgeliefert, weil die Sicherung seiner Rechte in vielen Aspekten des Rechtssystems gut verankert ist. Gleichwohl sollte niemand denken, dass es einen Automatismus der Rechtspflege gibt, der Prozesse immer zu einem gerechten Abschluss bringt. Mit anderen Worten: Prozesse müssen geführt werden!

Dieser Umstand weist den Beteiligten Rollen zu. Mandanten sehen oft nicht, dass der Anwalt, so gut er sein mag, den Prozess ohne ihre Mithilfe nicht gewinnen wird. Die Hauptursache für schlecht geführte Prozesse ist die fehlende Aufbereitung von Fakten. Das hat viele Ursachen: Der Mandant erinnert sich nicht, kann nicht einschätzen, was wichtig und was falsch ist. Mitunter hat der Anwalt keine Lust, bei seinen Darstellungen in die Tiefe zu gehen bzw. die Darlegung zu „substantiieren“. Solche Risiken lassen sich minimieren, wenn – von einfachen Konstellationen abgesehen – Mandanten dem Anwalt gutes Material in die Hand geben. Oftmals beobachten wir, dass Mandanten mehr oder minder zusammenhanglose Geschichten präsentieren, Namen sind nicht mehr präsent, Zeitmuster nicht nachvollziehbar und gravierende logische Lücken sind nicht zu füllen. Deswegen sollte sich jeder Mandant darüber im Klaren sein, dass die Fakten, die er dem Rechtsanwalt und später dem Gericht präsentiert, einer näheren Prüfung standhalten.

Es wird über Jahre prozessiert, um dann plötzlich festzustellen, dass ein wichtiger Umstand nie erwähnt wurde. Einer der merkwürdigsten Fälle, die wir je erlebt haben, war ein Ehepaar, die hartnäckig im Scheidungsverfahren um Geld und Gut kämpfen. Nach drei Jahren fiel ihnen auf, dass sie seinerzeit bei Eheschließung einen Ehevertrag vereinbart hatten. Eine der Anwältinnen hat voller Ärger den Fall nicht mehr vertreten, weil im Prinzip nun vieles völlig neu gesehen und geregelt werden musste. Vielleicht wäre dieser Verlauf zu vermeiden gewesen, wenn die Mandanten vor der Auseinandersetzung sich zunächst mal um die Klärung des Sachverhalts bemüht hätten.

Deswegen sollten Sie sich von der Vorstellung trennen, dass der Anwalt die Fakten schon kennt oder das Verfahren ohnehin gewinnt, weil er so geschickt oder weise ist. Eine schriftliche ausführliche Darstellung des Sachverhalts kann mehr wert sein als zahllose Schriftsätze mit interessanten rechtlichen Ausführungen, die keine faktische „Erdung“ haben.

Unsere Mandantenbögen fragen nach wichtigen Daten und Sachverhaltselementen. Es bietet sich daneben an, eine eigene Falldarstellung zu verfassen und uns zukommen zu lassen. Das kann gerne stichwortartig verfasst sein, hilft uns aber und ist wichtig für Ihren Erfolg.

Rechtsanwalt Dr. Palm