Wie werden Fälle behandelt, in denen ein Antragsteller eine Namensänderung beantragt und Straftaten begangen hat? 

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob das Kontinuitätsprinzip in diesen Fällen Vorrang hat, um zu verhindern, dass eine Identifizierung des Betroffenen schwieriger wird. Ergibt sich aus dem Führungszeugnis, dass der Antragsteller erheblich oder wiederholt vorbestraft ist, oder sind Strafverfahren (einschließlich Ermittlungsverfahren) anhängig, so soll dem Antrag nur entsprochen werden, wenn gegen die Änderung des Familiennamens unter dem Gesichtspunkt künftiger Identifizierung keine Bedenken bestehen – so die Verwaltungsvorschrift. Vorstrafen und sonstiges Fehlverhalten eines Antragstellers schließen eine Namensänderung nicht aus. Sie sind aber bei der Abwägung zur Feststellung des wichtigen Grundes unter dem Gesichtspunkt der Identifizierbarkeit immer zu beachten.

Persönlichkeitsrecht 

Die andere Seite der Medaille besteht darin, dass Taten Täter auch dann nachhängen können, wenn die Tat schon lange zurückliegt. Wie geht man mit diesem Interesse um?

Der Oberste Gerichtshof Wien hat mal zum Problem der Bemakelung des eigenen Namens 2009 Stellung genommen: Der Umstand, dass der Name des Opfers einer – Aufsehen erregenden – Straftat schon zuvor öffentlich genannt worden ist, rechtfertigt es nicht, ihn immer wieder im Zusammenhang mit drastischen Schilderungen intimer Details seines Schicksals zu nennen. Andernfalls ließe sich jeder Geheimnisschutz durch einmalige Veröffentlichung unterlaufen. Außerdem hat das Opfers solange ein berechtigtes Interesse am Schutz seiner Namensanonymität, wie Gefahr besteht, dass sein Persönlichkeitsrecht durch weitere Namensnennungen im beanstandeten Zusammenhang gegenüber einem neuen Personenkreis erneut verletzt werden kann. Der spektakuläre Prozess des Josef Fritzl, über den alle Medien berichteten, war auch mit einer Stigmatisierung des Namens verbunden. Der Straftäter hat inzwischen seinen Namen geändert. Einer der bekannten Gladbecker Geisel-Gangster hat 2017 seinen Namen geändert.

Das Persönlichkeitsrecht hat einen hohen Wert und Nebenwirkungen der Tat, die in der Publizität liegen, sollen nicht einen eigenen Sanktionscharakter bekommen. Die deutschen Verwaltungsvorschriften sehen das so: Ist ein seltener oder auffälliger Familienname durch die Berichterstattung über eine Straftat so eng mit Tat und Täter verbunden, dass in weiten Kreisen der Bevölkerung bei Nennung des Namens auch nach längerer Zeit noch immer ein Zusammenhang hergestellt wird, so kann der Familienname des Täters und gegebenenfalls auch der seiner Angehörigen zur Erleichterung der Resozialisierung geändert werden. In Zeiten des Internets werden solche Zusammenhänge durch Suchmaschinen auch viele Jahre nach dem Ereignis immer wieder virulent. Danach kann ein Name zur lebenslänglichen Last werden, wenn der „Fluch der bösen Tat“ in digitalen Archiven erhalten bleibt.

Aliasname

Im Übrigen schreibt das deutsche Namensrecht auch keine starre Namensführungspflicht vor, sondern lässt individuellen Gestaltungen Raum. Nur gegenüber Behörden, namentlich bezüglich der amtlichen Registerführung, besteht die Verpflichtung zum Führen des vollständigen, rechtlichen Namens. Insofern sind Diskrepanzen zwischen dem Registereintrag und individuellen Namensführungen nicht unzulässig, wenn nicht noch weitere Umstände hinzutreten. Beispiel: Eine Fahrerlaubnis ist nicht schon deshalb rechtswidrig erteilt, weil der Inhaber bei der Erteilung einen Namen führte, der möglicherweise nicht sein tatsächlicher Name ist, solange der Aliasname nicht gerade dafür gebraucht wurde, Verkehrsstraftaten oder  Ordnungswidrigkeiten dieser Person vor der Behörde zu verschleiern.

Rechtsanwalt Dr. Palm